Marlene Engelhorn

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Marlene Engelhorn (2023)

Marlene Engelhorn (geboren 1992 in Wien) ist eine deutsch-österreichische Aktivistin und Publizistin. Als Mitgründerin der Initiative Tax me now setzt sie sich für soziale Gerechtigkeit, für eine Reform von Steuerpolitiken und für Erbschaftsteuern in Österreich ein.

Leben und Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Engelhorn wuchs in Wien auf und besuchte einen privaten Kindergarten und eine Privatschule.[1] Sie studiert seit dem Sommersemester 2013 mit einer Unterbrechung von 2015 bis 2019 Germanistik an der Universität Wien.[2] Zwischenzeitlich arbeitete sie im Bereich der Nachhilfe und des Sprachtrainings[3] und ist seit mindestens Februar 2021 als Aktivistin aktiv.[4] Über ihr Privatleben gibt Engelhorn ungern Informationen bekannt.[1] Sie besitzt die deutsche und österreichische Staatsbürgerschaft.[5]

Sie ist Nachfahrin von Friedrich Engelhorn (1821–1902) aus der Familie Engelhorn, Gründer der Badischen Anilin- & Soda-Fabrik AG (BASF).[4] Ihre Großmutter war Traudl Engelhorn-Vechiatto, die 1955 Peter Engelhorn, den Urenkel von Friedrich Engelhorn und Mitgesellschafter der Boehringer-Mannheim-Gruppe, geheiratet hatte.[6] Der Verkauf der Boehringer-Mannheim-Anteile an Hoffmann-La Roche im Jahr 1997 brachte den Anteilseignern elf Milliarden US-Dollar ein. Durch eine von Curt Engelhorn – dem damaligen Chief Executive Officer (CEO) – gegründete Holding-Konstruktion auf den Bermudas blieb diese Transaktion in Deutschland, Österreich und der Schweiz auf legale Weise steuerfrei.[7] Zuletzt wurde das Vermögen der Großmutter auf mehr als 4,2 Milliarden US-Dollar geschätzt.[8]

Aktivitäten und Positionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Engelhorn ist Teil einer laut New York Times wachsenden Bewegung junger, politisch links eingestellter Millionäre, die sich für eine stärkere Besteuerung vererbter Vermögen einsetzen. Engelhorn vertritt die Position, dass es nicht demokratisch sei, wenn Vermögende gemäß ihren persönlichen Präferenzen und Interessen geerbtes Vermögen verteilten. Philanthropie würde nur die Machtverhältnisse zementieren, die durch eine tiefgreifende Ungleichheit ihrer Meinung nach erzeugt wird.[4] Auch Start-up-Finanzierung würde wenig zur Lösung der Probleme dieser Welt beitragen, es bräuchte strukturelle Veränderungen.[1]

Engelhorn ist in Kontakt mit einer Gruppe junger Millionäre mit dem Namen Resource Generation[9] und gehörte im Februar 2021 zu den Mitgründern einer AG Steuergerechtigkeit, aus der im Juni des Jahres taxmenow (Initiative für Steuergerechtigkeit e. V.) hervorging.[1] Bei taxmenow ist sie zuständig für Öffentlichkeitsarbeit.[10]

Die Gruppe von wohlhabenden Personen setzt sich für die Besteuerung von großen Vermögen ein. Insbesondere für Superreiche bedürfe es einer neuen Steuerpolitik. Die Gruppe fordert je nach Land die Einführung oder Erhöhung von Erbschaftssteuern.[4] Außerdem ist sie Mitglied der Guerrilla Foundation und machte bei der Non-Profit-Organisation ab September 2020 ein Volontariat.[11]

Marlene Engelhorn fordert die Wiedereinführung der Vermögenssteuer für Millionen- und Milliardenvermögen, die in Deutschland ausgesetzt ist, und der Erbschaftssteuer in Österreich, die aufgehoben wurde.[6] Anstelle der Abhängigkeit von Spenden durch reiche Leute fordern die Millionäre eine Vermögenssteuer von 1 Prozent, die für den Kampf gegen Pandemien, Armut und Klimawandel eingesetzt werden soll. Seit 2019 gibt sie bekannt, dass sie mindestens 90 % Ihres präsumtiven Erbes – eines zweistelligen Millionenbetrags[12] – spenden werde.[13] Die letzte Ankündigung erfolgte 2024.[14][15]

Sie schloss sich dem Netzwerk Millionaires for Humanity an[4] und ist Teil des internationalen Bündnisses Patriotic Millionaires, in dem sich über 100 Millionäre und Milliardäre (von ca. 21,7 Millionen weltweit[16]) zusammengeschlossen haben, um eine höhere Besteuerung zu fordern.[17]

Gemeinsam mit dem Netzwerk Steuergerechtigkeit und der Bürgerbewegung Finanzwende startete taxmenow eine Unterschriftenaktion, an der sich nach eigenen Angaben rund 50 vermögende Unterzeichner beteiligten. Etwa die Hälfte gaben dabei ihren Namen der Öffentlichkeit bekannt, darunter Antonis Schwarz (Schwarz Pharma), der wohlhabende IT-Unternehmer Ralph Suikat und Marlene Engelhorn.[18]

Engelhorn propagiert das Konzept Verantwortungseigentum.[19]

Im ORF-Radiosender Österreich 1 moderierte sie in den Jahren 2022 und 2023 die Im-Gespräch-Reihe „Seid umschlungen Millionen!“ mit der Armutsaktivistin Daniela Brodesser,[20] dem früheren Finanzminister Ferdinand Lacina,[21] der Juristin Katharina Pistor[22] und der Kulturanthropologin Francis Seeck.[23]

Des Weiteren engagiert sich Marlene Engelhorn beim Wiener Projekt queerconneXion, das LGBTQ-Aufklärungsarbeit bei Jugendlichen leistet.[24]

Im Januar 2024 gab Engelhorn bekannt, dass sie aus dem von ihrer Großmutter geerbten Anteil 25 Millionen Euro der Allgemeinheit zur Verfügung stellen will. Ein Bürgerrat Guter Rat für Rückverteilung, bestehend aus 50 zufällig ausgewählten Menschen aus ganz Österreich, soll über die Verwendung des Vermögens entscheiden. Der Auswahlprozess wurde so gestaltet, dass die Personen repräsentativ für Menschen über 16 Jahren in Österreich stehen sollen. Engelhorn selbst soll dabei keine Mitsprache haben.[25] Ausgeschlossen seien lediglich verfassungswidrige, lebensfeindliche, menschenverachtende und profitorientierte Zwecke. Dieser Ansatz solle ein Zeichen gegen die ungleiche Vermögensverteilung setzen. Diese habe negative Auswirkungen auf Gesellschaften, das politische System und die Medienlandschaft. Überproportionaler Einfluss reicher Menschen gefährde die Demokratie. Die Präsidentin der Arbeiterkammer, Renate Anderl, zollte Engelhorn „großen Respekt“.[26][27] Im März 2024 tagte der Gute Rat für Rückverteilung zum ersten Mal in Salzburg.[28]

Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Laut der österreichischen Ausgabe der Zeitschrift Forbes trat Engelhorn „von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung über den ORF bis zum ZDF mittlerweile in fast jedem deutschsprachigen Medium mit ihren Forderungen“ auf. Beispielsweise war sie bei Wolfgang M. Schmitt eingeladen,[29] beantwortete auf ZDF-kultur 13 Fragen zum Thema Ist Erben gerecht?[30] und war am 4. Februar 2023 der erste Gast der neuen Gesprächsreihe „Was wäre wenn“ von Hannah Horsten in der Ö1-Sendung Diagonal.[31] Ihr ist bewusst, dass ihr nur zugehört wird, weil sie vermögend ist.[1] Unter den Millionären, die eine höhere Besteuerung fordern, ist Engelhorn das bekannteste Gesicht im deutschsprachigen Raum.[17]

Engelhorn wurde international rezipiert von The Guardian,[32] Le Monde,[33][34] El País[35][36] und der brasilianischen Zeitschrift Aventuras na História.[37] The New York Times schrieb eine Reportage über sie.[4]

Auszeichnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Missbräuchliche Verwendung des Namens in Spam-E-Mails[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Zusammenhang mit einer Spielart des Vorschussbetrugs sind auch Spam-E-Mails im Umlauf, in denen vorgegeben wird, dass Marlene Engelhorn einen hohen Geldbetrag an die Empfänger spenden möchte.[39]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Marlene Engelhorn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e „Das Rich Kid, das die Klappe aufreißt“. In: forbes.at. Abgerufen am 29. Januar 2023.
  2. Z2X - Das Festival neuer Visionärinnen und Visionäre. Abgerufen am 27. Februar 2023.
  3. Marlene Engelhorn. Abgerufen am 27. Februar 2023.
  4. a b c d e f She’s Inheriting Millions. She Wants Her Wealth Taxed Away. In: The New York Times, 21. Oktober 2022.
  5. Frederik Seeler: (S+) Eine Frage der Gerechtigkeit: Warum die Erbin Marlene Engelhorn für die Erbschaftsteuer kämpft. In: Der Spiegel. 22. März 2023, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 23. März 2023]).
  6. a b Moritz Serif: Traudl Engelhorn-Vechiatto ist tot: Enkelin Marlene Engelhorn wird Millionen erben, fr.de, 28. September 2022.
  7. »Wir neigen zum Geiz«. In: Der Spiegel, 1. Juni 1997.
  8. „Ich habe für mein Erbe keinen Tag gearbeitet und zahle keinen Cent dafür. Besteuert mich endlich!“: Wer ist Marlene Engelhorn?, moment.at, 9. Januar 2023
  9. Elena Lynch: Diese Frau könnte Millionen Euro erben – doch sie will das Geld nicht, watson.ch, 21. Dezember 2022 (Interview)
  10. Mannheimer Millionen-Erbin Marlene Engelhorn: „Wer erbt, hat nichts dafür gemacht“. 7. April 2023, abgerufen am 10. April 2023.
  11. Guerrilla Foundation: Guerrilla Foundation. Abgerufen am 22. Februar 2023.
  12. Millionen-Erbin Marlene Engelhorn will ihr Geld verschenken - weil es nicht besteuert wird. In: Mannheimer Morgen. 7. August 2021, abgerufen am 5. Februar 2023.
  13. Lisa Nimmervoll: Marlene Engelhorn: Von einer, die ihr Millionenerbe teilen will. In: Der Standard. 29. April 2021, abgerufen am 24. März 2024.
  14. Michael Höfling: BASF-Erbin Marlene Engelhorn: Das ewige Spiel mit der 25-Millionen-Euro-Spende. In: Die Welt. 22. März 2024, abgerufen am 24. März 2024.
  15. Millionenerbin Engelhorn verschenkt Vermögen zu „100 Prozent“ und arbeitet dann. In: Focus. 24. März 2024, abgerufen am 24. März 2024.
  16. Dieser Text stellt eine Basisinformation dar. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben kann nicht übernommen werden. Aufgrund unterschiedlicher Aktualisierungsrhythmen können Statistiken einen aktuelleren Datenstand aufweisen: Themenseite: Reichtum - Millionäre und Milliardäre. Abgerufen am 9. Januar 2024.
  17. a b Michael Schäfer, Joachim Ludwig: Die Strategie ist klar. Jetzt zählt „nur“ noch das politische Wollen zur Umsetzung. In: Mit Kapital die Schöpfung retten : Es gibt nur Eine zweite Chance: Erneuerte soziale Markt- und Kreislaufwirtschaft. Springer Fachmedien, Wiesbaden 2022, ISBN 978-3-658-36550-9, S. 203–272, hier: S. 229, doi:10.1007/978-3-658-36550-9_7.
  18. Millionäre fordern höhere Besteuerung von Reichen. In: manager magazin. Abgerufen am 30. Januar 2023.
  19. „Warum werden Erbschaften nicht einfach verlost?“ In: Süddeutsche Zeitung. Abgerufen am 3. Februar 2023.
  20. IM GESPRÄCH: Daniela Brodesser, Aktivistin gegen Armut, Ö1 vom 26. Jänner 2023, abgerufen am 27. Jänner 2023.
  21. ORF: IM GESPRÄCH: Ex-Finanzminister Lacina, 7. April 2022
  22. ORF: IM GESPRÄCH: Katharina Pistor, Juristin, 6. Mai 2022
  23. ORF: IM GESPRÄCH: Francis Seeck, Kulturanthropolog:in, 13. Oktober 2022.
  24. K-Word #403: Neues aus der Lesbenwelt. Abgerufen am 1. März 2023.
  25. Der Spiegel: Interview (Spiegel-Gespräch) mit Marlene Engelhorn: „Ich bestehe auf dem Etikett ‚Millionenerbin‘“, Nummer 12 vom 16. März 2024, S. 54–56.
  26. ORF: Bürgerrat entscheidet über Millionenerbe von Engelhorn, 9. Jänner 2023, abgerufen am 9. Januar 2024
  27. „Habe ein Vermögen und damit Macht geerbt“: Erbin gibt 25 Millionen Euro an Allgemeinheit zurück. In: Der Tagesspiegel Online. ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 10. Januar 2024]).
  28. Wiener Millionärin verteilt ab Samstag ihr Geld, heute.at, abgerufen am 18. März 2024
  29. Tax me now! Millionenerbin Marlene Engelhorn im Gespräch - Spezial #17, abgerufen am 2. Februar 2023
  30. Erbe neu denken: Ist Erben gerecht? | 13 Fragen, abgerufen am 2. Februar 2023
  31. „Was wäre, wenn?“ mit Marlene Engelhorn, Ö1, 4. Februar 2023.
  32. Millionaires join Davos protests, demanding ‘tax us now. In: The Guardian, 22. Mai 2022.
  33. Marlene Engelhorn, l’héritière autrichienne qui veut donner sa fortune aux impôts. In: Le Monde, 10. November 2022.
  34. Marlene Engelhorn, the Austrian multi-millionaire who wants her fortune taxed. In: Le Monde, 28. Januar 2023.
  35. Marlene Engelhorn: la heredera rica que promete entregar el 90% de su fortuna al Estado. In: El País, 13. Dezember 2022.
  36. Marlene Engelhorn: The billionaire heiress who wants to give 90% of her fortune to the state. In: El País, 14. Dezember 2022.
  37. QUEM É MARLENE ENGELHORN, A HERDEIRA QUE NEGOU HERANÇA DE MAIS DE R$ 20 BILHÕES. In: Aventuras na História, 10. August 2022.
  38. Robert Menasse erhält den Bruno-Kreisky-Preis 2022. In: puls24.at, 1. Januar 2023.
  39. Hildegard O.: Gefälschte Marlene Engelhorn E-Mails! - Vorsicht vor Betrug. In: Mimikama. 26. März 2024, abgerufen am 26. April 2024.